Robert Schumanns letztes Orchesterwerk hatte es nicht leicht. Aber was war schon leicht in dieser Zeit? Das Violinkonzert Konzert wurde erst sage und schreibe 84 Jahre nach seiner Entstehung veröffentlicht, als einige bedeutende Geiger sich für diese eigenwillige Musik einsetzten.
Aber von vorne: Das Konzert entstand 1853 in Schumanns Zeit als Städtischer Musikdirektor in Düsseldorf. Der junge und überaus talentierte Geiger Joseph Joachim, den Schumann kurz zuvor kennengelernt hatte und der bald zu einem guten Freund wird, wünscht sich ein Werk vom verehrten Meister: »Möchte doch Beethoven’s Beispiel Sie anregen, den armen Violinspielern, denen es, außer der Kammermusik, so sehr an Erhebendem für ihr Instrument fehlt, aus Ihrem tiefen Schacht ein Werk an’s Licht zu ziehen, wunderbarer Hüter reichster Schätze!«, schreibt er ihm in einem Brief. Seine Bitte wird erhört: In nur drei Wochen komponiert Schumann das dreisätzige Violinkonzert. Die Uraufführung plant er direkt im Anschluss. Aufgrund einer Programmänderung wird diese jedoch kurz vor dem Konzert zurückgestellt. Es wird vermutetet, dass auch Schumanns Frau Clara einer Aufführung entgegenwirkt. Zu düster, zu »ungeigerisch« und vor allem zu deutlich Schumanns schlechte psychische Verfassung widerspiegelnd, in der er sich zunehmend befand, war es wohl in ihren Augen.
Schumann selbst kommentiert sein Schaffen in seinen letzten Lebensjahren wie folgt: »Meine Musik kommt mir mehr und mehr so wunderbar verschlungen vor. Bei aller Einfachheit. So sprachvoll aus dem Herzen. Alles ist verschränkt ineinander. Unlösbar auf mehreren Ebenen.« Der Schatten, der in jener Zeit auf ihn gefallen war, wird besonders in der dunklen Farbgebung des zweiten Satzes reflektiert. Bereits ein Jahr nach Fertigstellung des Violinkonzerts wird er in die Nervenanstalt in Bonn-Endenich eingeliefert, zwei weitere Jahre später stirbt er.
Clara beschließt nach seinem Tod, das Konzert nicht zu publizieren. Erst 1937 kommt es nach mehreren Verwicklungen doch noch zur Uraufführung, allerdings in einer stark bearbeiteten Version. Erst in den 1960er- bis 70er-Jahren entdeckt der Geiger Henryk Szeryng das Werk in seiner Urversion neu und verhilft ihm endlich zu seinem längst überfälligen Durchbruch. Was lange als Werk eines Wahnsinnigen galt, wird seither als überaus innig, lyrisch, poetisch und emotional tiefschichtig wahrgenommen. Dabei hatte schon Tschaikowsky die visionären Qualitäten des Konzerts erkannt: »In Schumanns Musik finden wir den Widerhall geheimnisvoller Prozesse unseres Seelenlebens, jener Zweifel, Depressionen und Aufblicke zum Ideal, die das Herz des heutigen Menschen bewegen. Die Geschichte hat für Schumann noch nicht begonnen.« Die Neubewertung eines verkannten Meisterwerks der Romantik war mehr als überfällig.
Robert Schumann – Violinkonzert d-Moll