13. / 15. / 16. Dezember 2024
Düsseldorfer Symphoniker
Dejan Lazić, Klavier
Markus Poschner, Dirigent
FR 13. Dezember 2024, 19:00 Uhr
Star Talk mit Markus Poschner
SO 15. Dezember 2024, 13:30 Uhr
Jazz Brunch mit becker&band
MO 16. Dezember 2024, 19:00 Uhr
Star Talk mit Dejan Lazić
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Konzert für Klavier und Orchester
Nr. 4 G-Dur op. 58
I. Allegro moderato
II. Andante con moto
III. Rondo vivace
ca. 40 Minuten
zuletzt gespielt am 12.11.2007 mit Rudolf Buchbinder als Solist und Dirigent
Pause
Anton Bruckner (1824-1896)
Symphonie Nr. 6 A-Dur
I. Maestoso
II. Adagio. Sehr feierlich
III. Scherzo. Nicht schnell – Trio. Langsam
IV. Finale. Bewegt, doch nicht zu schnell
ca. 58 Minuten
zuletzt gespielt am 27.10.2014 unter Karlheinz Steffens
Beethoven
Klavierkonzert Nr. 4
Beethoven schrieb das vierte seiner fünf Klavierkonzerte 1805/06, in der Zeit, in der auch die fünfte und sechste Symphonie entstanden. Mit dem Konzert machte er einen großen Schritt zur Weiterentwicklung der Gattung, denn während sich die ersten drei Konzerte noch sehr am Vorbild Mozart orientieren und das verspielt-Opernhafte akzentuieren, atmet das G-Dur-Konzert symphonischen Geist.
Doch Achtung! Was ist denn das für ein Beginn? Klammheimlich schleicht sich die Musik an. Das Klavier ganz allein. So etwas hatte es bis dahin - Mozarts »Jeunehomme«-Konzert ausgenommen – noch nie gegeben. Zart und versonnen, geradezu entrückt er-tastet sich das Instrument ein Thema, dessen leise Akkordrepetitionen in der Grundtonart vom Orchester in einem ätherisch fern wirkenden Echo in H-Dur beantwortet werden. Dieser Anfang klingt wie improvisiert – und gibt doch den »Ton« an für das ganze Werk, in dem Solist und Orchester absolut gleichberechtigt sind und in dem das Lyrische und Vagierende bei aller Großartigkeit und Virtuosität dominiert. Insbesondere im ersten Satz, in dem sich Beethoven weit in entfernte harmonische Regionen vorwagt.
Auf ganz andere Art überrascht der zweite Satz, ein kurzes, nur 72 Takte umfassendes Andante. Beethoven beschwört hier den Geist der Oper, aber nicht im spielerischen Sinn wie Mozart, sondern im dramatischen Zugriff eines Christoph Willibald Gluck. Der Satz ist wie ein Dialog zwischen Himmel (das Klavier) und Hölle (die Streicher). In die Deutungsgeschichte dieses Satzes hat sich – von Robert Schumann angestoßen – das Bild vom Sänger Orpheus etabliert, der die Furien der Unterwelt mit seinem Gesang besänftigen und humanisieren möchte. Ob es ihm gelungen ist? Das Ende ist eher nachsinnend als erlösend.
Das Rondo-Finale endlich verströmt (Aus-)Gelassenheit. Im Charakter ist es wieder lyrisch angelegt, doch Beethoven schafft immer wieder Räume für frech-Spielerisches und triumphale Einschübe. Dies alles – und das ist das größte Wunder – wirkt gleichzeitig improvisiert und formvollendet, gleichsam von langer Hand geplant. Kein Wunder, dass Schumann das G-Dur-Konzert besonders mochte und es als »Beethovens vielleicht größtes Klavierkonzert« pries.
Die Uraufführung fand im Rahmen eines für heutige Verhältnisse unfassbar dimensionierten Konzerts statt: Am 22. Dezember 1808 zog Beethoven im ungeheizten Theater an der Wien alle Register seines Schaffens und präsentierte ausschließlich eigene Stücke. Uraufgeführt wurden neben dem 4. Klavierkonzert mit ihm selbst als Solist die fünfte und die sechste Symphonie, außerdem die Chorfantasie op. 80. Als ob das nicht genug gewesen wäre, erklangen auch noch verschiedene Teile aus der C-Dur-Messe und eine große Arie. Ein in vieler Hinsicht denkwürdiger Abend, denn es war auch der letzte solistische Auftritt Beethovens, dessen Gehörverlust bereits weit fortgeschritten war.
Bruckner
Symphonie Nr. 6
Anton Bruckner bezeichnete seine zwischen 1879 und 1881 entstandene sechste Symphonie als seine »keckste« – und das wohl nicht nur aufgrund des Wortspiels. Wegen ihrer avantgardistischen Ansätze in der kompositorischen Anlage und der harmonischen und motivischen Kühnheit wurde die Komposition lange Zeit als reine Schreibtischarbeit zweiten Ranges gewertet und ist auch heute noch eine der vergleichsweise selten aufgeführten Symphonien Bruckners. Nach der romantischen Vierten und der pathetischen, architektonisch streng gehaltenen Fünften, in der er eine hochkomplexe Kontrapunktik verwendet, folgt die Sechste in ruhiger, für Bruckners Verhältnisse geradezu heiterer Abgeklärtheit. Bruckner schrieb die Symphonie in dem einzigen wirklichen Urlaub seines Lebens, der ihn in die Schweiz führte, bis zum Mont Blanc. Vielleicht ging er das Werk auch deswegen in ganz neuem Geist an. Mit einer kleineren Orchesterbesetzung als in den anderen Symphonien setzte er mehr auf kammermusikalische Wendigkeit und Transparenz als auf üppige Klangmassen.
Obwohl »Maestoso« überschrieben, zeichnet den ersten Satz eine gewisse Unruhe aus. Die Symphonie beginnt nicht – wie sonst bei Bruckner üblich – mit einem aus dem Grundton erwachsenden Urgrund, sondern mit einem punktierten Pochen auf der Terz der Grundtonart. Dieses sorgt beständig für Spannungen zwischen den Linien und Flächen des weiteren Verlaufs. Das streicherselige Adagio weist in seiner erhabenen Feierlichkeit auf die ikonischen langsamen Sätze vor allem der 7. und 9. Symphonie voraus – doch auch hier bildet ein in der Oboe exponierter punktierter Kontrapunkt ein Gegenbild zum Fließen der Hauptlinien. Über das originelle Scherzo sagte der bekennende Anti-Brucknerianer Eduard Hanslick, es fessele »ausschließlich durch Seltsamkeit«. Der Satz wechselt in fast improvisatorisch wirkender Kurzatmigkeit zwischen spukhaften Szenen und filigraner Motorik. Markus Poschner: »Im 3. Satz marschieren die tiefen Streicher, und drüber tanzen die Violinenkobolde.« Die in den drei ersten Sätzen so verschieden auskomponierten Spannungsverhältnisse lösen sich im Finale. Dessen motivische Material ist großenteils aus den ersten beiden Sätzen abgeleitet, wobei deren Heterogenität im Sinne eines »Zurechtrückens« in nunmehr »stimmig bereinigte« (Reinhard Schulz) Verläufe verwandelt wird.
Bruckner hat seine 6. Symphonie nie in einer kompletten Aufführung gehört. Die beiden Mittelsätze wurden 1883 in Wien uraufgeführt, den Proben hierfür wohnte er bei, möglicherweise standen da auch die Ecksätze auf dem Plan. Die erste Gesamtaufführung fand erst 1899 unter der Leitung von Gustav Mahler statt, der allerdings einige Kürzungen und Retuschen vorgenommen hatte. Erst 1901 kam sie in Stuttgart unter Karl Pohlig in voller Länge zur Aufführung – und 1935 erstmals in einer kritischen Fassung, die der Originalpartitur folgt.